The Wire [HBO]
Verfasst: 06.10.2007, 17:42
a.k.a. "wie vorhersehbar sind Themen sobald Dawson einmal das Steuer an sich reißt"
>>> Sammelthread der "The Wire"-Episodenthreads

Vielleicht der Höhepunkt moderner Unterhaltung, mediumübergreifend.
The Wire zeigt eine Polizeieinheit bei deren Arbeit gegen den Drogenhandel in den Sozialwohnungen im Westen Baltimores. Die Geschichte wird dabei aus Sicht sowohl der Polizisten als auch des Drogenrings erzählt.
Die Hauptpersonen zu Beginn der Serie:
Detective James "Jimmy" McNulty

Ewig betrunkener Anti-Held, der sich nicht an die Befehlskette hält und bei den Vorgesetzten und seiner Ex-Frau äußerst unbeliebt ist
Detective William "Bunk" Moreland

McNultys bester Freund
Avon Barksdale

Drogen Boss, der Chef der Barksdale Organisation ist
Russell "Stringer" Bell

Der Kopf und der Geschäftsmann in der Barksdale Organisation, Avons rechte Hand und nach ihm die #2
D'Angelo Barksdale

Avon Barksdale Neffe und Chef des Drogenverkaufs auf der Straße
Omar Little

homosexueller Gangster, der davon lebt andere Drogenhändler auszurauben
Lieutenant Cedric Daniels

Leiter der neugebildeten Major Case Unit, die sich an die Fersen der Barksdale Organisation heftet
Shakima "Kima" Greggs

lesbische Detective, die von der Betäubungsmittel-Einheit zur Major Case Unit wechselt
Hier hat man es nicht mehr nur mit einer Serie zu tun, hier handelt es sich um einen Gesellschaftsroman -- ein großangelegtes Sittenbild einer US-Metropole, welches als Kriminalroman anfängt, aber spätestens in die vierten Staffel zu einem zutiefst pessimistischen, wütenden und politischen Manifest wird.
Die Art, wie hier episch, romanhaft und fehlerlos der amerikanische Traum als Mythos dargestellt wird -- egal ob du Drogenhändler in West Baltimore, Polizist in der Mordkommission, Hafenarbeiter, Lehrer, Richter oder Politiker bist -- und wie dieser Traum auf tragische und opernhafte Weise nach und nach entzaubert wird verschlägt einem den Atem.
Bei The Wire ist der Star der Serie die Stadt Baltimore bzw. die amerikanische Großstadt am Anfang des 21. Jahrhunderts an sich; das andere Amerika, das arme Amerika, das Amerika welches in den Medien und in nahezu jeder anderen Fernsehserie nicht stattfindet und/oder nicht richtig (re)präsentiert wird, weil die Drehbuchautoren, die in West Los Angeles leben keine Ahnung haben was im Osten der Stadt vor sich geht und die Themen Armut, Verbrechen und Polizeiarbeit nur aus anderen Fernsehserien kennen, welche wiederum nur von Leuten gemacht werden die mit Armut, Verbrechen und Polizeiarbeit auch nie etwas am Hut hatten.
Hier wird gezeigt, daß der Krieg gegen Drogen, No Child Left Behind und Just Say No nicht funktionieren und warum.
Hier wird anklagt, daß sich Amerika mehr und mehr in eine Oligarchie (vom griech.: oligarchia "Herrschaft Weniger") verwandelt, daß die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt und jeden neuen Tag aufgrund von Kapitalismus, Profiten und Habgier jeder einzelne von uns ein Stückchen weniger wert ist da aufgrund der industriellen Revolution der einzelne nicht mehr gebraucht wird um Vermögen anzuhäufen und zu vermehren.
Die ganze Serie ist in einzelne Kapitel gegliedert:
In der 1. Staffel geht es den Drogenring von Avon Barkesdale. Bis zur Mitte der Staffel wissen die Polizisten nicht einmal wie Barkesdale aussieht -- etwas, was der Zuschauer schon nach wenigen Minutes weiß. Das Leben in den Ghettos und deren Personen werden vorgestellt und es wird wie bei den ersten Kapiteln eines Buches die Grundlage für die weitere Geschichte geschaffen.
In der 2. Staffel verlagert sich das Geschehen zum Hafen Baltimores und es wird anhand der illegal agierenden Hafenarbeiter der langsame Untergang der Gewerkschaften und das Wegbrechen der Mittelschicht veranschaulicht.
In der 3. Staffel geht's wieder zurück auf die Straße wo ein ranghoher Polizist auf eigene Verantwortung den Drogenhandel legalisiert. Außerdem wird anhand eines aufstrebenden Politikers gezeigt was es bedeutet in einen Wahlkampf zu ziehen.
In der 4. Staffel liegt der Schwerpunkt auf dem maroden Schulsystem, welches anhand von vier Jugendlichen und einen neuen idealistischen Lehrer verdeutlicht wird.
Und die 5. und letzte Staffel wird es ab Januar um die Themen Obdachlosigkeit, Medien und Medienkonsum gehen wobei der Fokus hier beim Journalismus liegen wird: welche Geschichten werden erzählt, welches nicht und warum bleibt als beim Alten.
Was über die Staffeln gleich bleibt, ist, daß sich die Polizei in Form der Major Case Unit sich mit Hilfe einer von einem Richter bewilligten Telefonüberwachung an "die Bösen" heftet und versucht sie dadurch zu überführen.
Der Aufbau ist AFAIK einmalig in der Fernsehlandschaft und zwar insofern als das der Zuschauer als intelligentes Wesen angesehen wird. Er wird nicht bei der Hand genommen, sondern er wird allein mit seinen Ideen und Gedanken gelassen. Hier wird niemanden vorgeschrieben wie man einen Charakter oder eine Aktion eines Charakters zu finden haben hat. Der Zuschauer muss sich seine Meinung selber bilden, ob er jemanden symphatisch findet oder nicht oder ob er eine bestimmte Sache gut heißt oder nicht.
Sie fordert höchste Konzentration in jeder Szene, denn jede Szene ist von Bedeutung. Hier gibt es nicht so etwas wie eine Filler-Episode. Hier gibt es nicht einmal eine Filler-Szene. Jede Sekunde ist von Bedeutung für die Geschichte. Alles was gezeigt wird geschied aus einem Vorsatz und alles hat Konsequenzen.
Zu keinem Augenblick gibt es einen Moment in der die Handlung unglaubwürdig wird oder ein Charakter eine Entscheidung trifft die sich durch vorgegangene Ereignisse widersprechen.
Die Serie fängt enorm langsam an. Sie braucht 4 bis 7 Stunden bis sie ins Rollen kommt und man überhaupt einen ersten Eindruck bekommt um was es hier geht, welche die Haupt- und welche die Nebenrollen sind und bis man so langsam als deutsches Vorstadtkind die Gangster von der Straße auseinander halten kann. Es dauert dann zwei Staffeln [25 Stunden] bis man überhaupt begreift wie umfangreich die Handlung eigentlich ist.
Auf der Website Metacritic, die Bewertungen publizierter Kritiken sammelt und zusammenfasst erhielt die vierte Staffel eine Durchschnittsbewertung von 98%, den höchsten Wert in der Geschichte der Seite und die wohl größte Ansammlung von professionellen Reviews im Superlativ die ich je gesehen habe.
Außerdem hat keine andere Serie in den letzten Jahren so viele und so hohe Platzierungen bei The Futon Critic, die jedes Jahr eine Liste der 50 besten Episodenfolgen des Jahres erstellen.
Sammlung dieser Platzierungen (ohne Spoiler):
Gruß
>>> Sammelthread der "The Wire"-Episodenthreads

Vielleicht der Höhepunkt moderner Unterhaltung, mediumübergreifend.
The Wire zeigt eine Polizeieinheit bei deren Arbeit gegen den Drogenhandel in den Sozialwohnungen im Westen Baltimores. Die Geschichte wird dabei aus Sicht sowohl der Polizisten als auch des Drogenrings erzählt.
Die Hauptpersonen zu Beginn der Serie:
Detective James "Jimmy" McNulty

Ewig betrunkener Anti-Held, der sich nicht an die Befehlskette hält und bei den Vorgesetzten und seiner Ex-Frau äußerst unbeliebt ist
Detective William "Bunk" Moreland

McNultys bester Freund
Avon Barksdale

Drogen Boss, der Chef der Barksdale Organisation ist
Russell "Stringer" Bell

Der Kopf und der Geschäftsmann in der Barksdale Organisation, Avons rechte Hand und nach ihm die #2
D'Angelo Barksdale

Avon Barksdale Neffe und Chef des Drogenverkaufs auf der Straße
Omar Little

homosexueller Gangster, der davon lebt andere Drogenhändler auszurauben
Lieutenant Cedric Daniels

Leiter der neugebildeten Major Case Unit, die sich an die Fersen der Barksdale Organisation heftet
Shakima "Kima" Greggs

lesbische Detective, die von der Betäubungsmittel-Einheit zur Major Case Unit wechselt
Hier hat man es nicht mehr nur mit einer Serie zu tun, hier handelt es sich um einen Gesellschaftsroman -- ein großangelegtes Sittenbild einer US-Metropole, welches als Kriminalroman anfängt, aber spätestens in die vierten Staffel zu einem zutiefst pessimistischen, wütenden und politischen Manifest wird.
Die Art, wie hier episch, romanhaft und fehlerlos der amerikanische Traum als Mythos dargestellt wird -- egal ob du Drogenhändler in West Baltimore, Polizist in der Mordkommission, Hafenarbeiter, Lehrer, Richter oder Politiker bist -- und wie dieser Traum auf tragische und opernhafte Weise nach und nach entzaubert wird verschlägt einem den Atem.
Bei The Wire ist der Star der Serie die Stadt Baltimore bzw. die amerikanische Großstadt am Anfang des 21. Jahrhunderts an sich; das andere Amerika, das arme Amerika, das Amerika welches in den Medien und in nahezu jeder anderen Fernsehserie nicht stattfindet und/oder nicht richtig (re)präsentiert wird, weil die Drehbuchautoren, die in West Los Angeles leben keine Ahnung haben was im Osten der Stadt vor sich geht und die Themen Armut, Verbrechen und Polizeiarbeit nur aus anderen Fernsehserien kennen, welche wiederum nur von Leuten gemacht werden die mit Armut, Verbrechen und Polizeiarbeit auch nie etwas am Hut hatten.
Hier wird gezeigt, daß der Krieg gegen Drogen, No Child Left Behind und Just Say No nicht funktionieren und warum.
Hier wird anklagt, daß sich Amerika mehr und mehr in eine Oligarchie (vom griech.: oligarchia "Herrschaft Weniger") verwandelt, daß die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt und jeden neuen Tag aufgrund von Kapitalismus, Profiten und Habgier jeder einzelne von uns ein Stückchen weniger wert ist da aufgrund der industriellen Revolution der einzelne nicht mehr gebraucht wird um Vermögen anzuhäufen und zu vermehren.
Die ganze Serie ist in einzelne Kapitel gegliedert:
In der 1. Staffel geht es den Drogenring von Avon Barkesdale. Bis zur Mitte der Staffel wissen die Polizisten nicht einmal wie Barkesdale aussieht -- etwas, was der Zuschauer schon nach wenigen Minutes weiß. Das Leben in den Ghettos und deren Personen werden vorgestellt und es wird wie bei den ersten Kapiteln eines Buches die Grundlage für die weitere Geschichte geschaffen.
In der 2. Staffel verlagert sich das Geschehen zum Hafen Baltimores und es wird anhand der illegal agierenden Hafenarbeiter der langsame Untergang der Gewerkschaften und das Wegbrechen der Mittelschicht veranschaulicht.
In der 3. Staffel geht's wieder zurück auf die Straße wo ein ranghoher Polizist auf eigene Verantwortung den Drogenhandel legalisiert. Außerdem wird anhand eines aufstrebenden Politikers gezeigt was es bedeutet in einen Wahlkampf zu ziehen.
In der 4. Staffel liegt der Schwerpunkt auf dem maroden Schulsystem, welches anhand von vier Jugendlichen und einen neuen idealistischen Lehrer verdeutlicht wird.
Und die 5. und letzte Staffel wird es ab Januar um die Themen Obdachlosigkeit, Medien und Medienkonsum gehen wobei der Fokus hier beim Journalismus liegen wird: welche Geschichten werden erzählt, welches nicht und warum bleibt als beim Alten.
Was über die Staffeln gleich bleibt, ist, daß sich die Polizei in Form der Major Case Unit sich mit Hilfe einer von einem Richter bewilligten Telefonüberwachung an "die Bösen" heftet und versucht sie dadurch zu überführen.
Der Aufbau ist AFAIK einmalig in der Fernsehlandschaft und zwar insofern als das der Zuschauer als intelligentes Wesen angesehen wird. Er wird nicht bei der Hand genommen, sondern er wird allein mit seinen Ideen und Gedanken gelassen. Hier wird niemanden vorgeschrieben wie man einen Charakter oder eine Aktion eines Charakters zu finden haben hat. Der Zuschauer muss sich seine Meinung selber bilden, ob er jemanden symphatisch findet oder nicht oder ob er eine bestimmte Sache gut heißt oder nicht.
Sie fordert höchste Konzentration in jeder Szene, denn jede Szene ist von Bedeutung. Hier gibt es nicht so etwas wie eine Filler-Episode. Hier gibt es nicht einmal eine Filler-Szene. Jede Sekunde ist von Bedeutung für die Geschichte. Alles was gezeigt wird geschied aus einem Vorsatz und alles hat Konsequenzen.
Zu keinem Augenblick gibt es einen Moment in der die Handlung unglaubwürdig wird oder ein Charakter eine Entscheidung trifft die sich durch vorgegangene Ereignisse widersprechen.
Die Serie fängt enorm langsam an. Sie braucht 4 bis 7 Stunden bis sie ins Rollen kommt und man überhaupt einen ersten Eindruck bekommt um was es hier geht, welche die Haupt- und welche die Nebenrollen sind und bis man so langsam als deutsches Vorstadtkind die Gangster von der Straße auseinander halten kann. Es dauert dann zwei Staffeln [25 Stunden] bis man überhaupt begreift wie umfangreich die Handlung eigentlich ist.
Auf der Website Metacritic, die Bewertungen publizierter Kritiken sammelt und zusammenfasst erhielt die vierte Staffel eine Durchschnittsbewertung von 98%, den höchsten Wert in der Geschichte der Seite und die wohl größte Ansammlung von professionellen Reviews im Superlativ die ich je gesehen habe.
Außerdem hat keine andere Serie in den letzten Jahren so viele und so hohe Platzierungen bei The Futon Critic, die jedes Jahr eine Liste der 50 besten Episodenfolgen des Jahres erstellen.
Sammlung dieser Platzierungen (ohne Spoiler):
Gruß