Schnurpsischolz hat geschrieben:Ich selber stehe dabei auch auf der eher skeptischen Seite und bin von gewissen Aspekten (gerade der letzten Folge) teilweise doch arg genervt, es hängt aber sicher noch alles davon ab, was die Serie mit ihrer Auflösung daraus macht.
Geht mir genauso. Gibt IMO auch nur wenige Serien, deren letztendliche Qualität für mich so sehr von ihrem Ende anhängt. Vermutlich kein gutes Zeichen...
Generell ist glaube ich das große Problem gleichzeitig auch die große Stärke der Serie. Der so wahnsinnig enge erzählerische Fokus auf Rust und Marty lässt einfach alle Charaktere neben ihnen vollkommen verblassen und total schmal wirken.
Richtig, und das macht für mich halt auch die Story extrem eindimensional, weil überhaupt keine anderen Perspektiven zur Geltung kommen. Alle anderen Figuren sind durch die Bank einfach nur Mittel zum Zweck der Plot- bzw. Hauptcharaentwicklung und haben ansonsten im Prinzip überhaupt nichts zur Serie beizutragen. Da können Rust und Cohle noch so spannende Charaktere sein, wenn das gesamte Umfeld keinerlei Substanz oder erzählerischen Mehrwert besitzt, ist das ein Problem.
Die Frauenproblematik ist für mich aber nochmal wesentlich krasser, weil man eben gleichzeitig zu dem Fouks auf den beiden Protagonisten und all dem Seelenstriptease, den die durchmachen noch diese zentrale Thematik hat, das Rust sich als Beschützer und Retter der verlorenen Frauen und Kinder berufen fühlt. [...] Er benimmt sich dabei, auch wenn er es selbst nicht hören wollen würde wie ein Knight in shinig armor, interessiert sich aber eben überhaupt nicht für die Personen als solche.
Das Gefühl hab ich eigentlich weniger, dass Rust den Helden geben will. Für mich ist er wirklich eher "natural police" wie eben auch McNulty, in dem Sinne, dass ihm die Arbeit an sich einfach im Blut liegt, während er in allen anderen Bereichen des Lebens verloren ist und entsprechend einfach nicht anders kann, als sich in die Fälle zu flüchten. Ihm sind die Opfer an sich, glaube ich, relativ egal, er wirkte am Tatort von Dora Dingens und in anderen Situationen, in denen sie mit Gewalttaten an Frauen und Kindern konfrontiert waren, ja auch wesentlich gefasster und unberührter als Marty. Letzterer sieht sich IMO viel, viel mehr als der große "damsels in distress"-Beschützer, was sich ja auch in seinem zweifelhaften Frauenbild und der großzügigen "Spende" an die Prostituierte in der zweiten Folge widerspiegelt.
Das Thema als verbindendes Element oder auch Leitmotiv für diese Staffel wäre an sich nicht das Problem, wenn man eben nicht gleichzeitig ohne schlechtes Gewissen die Frauen hier mit der gleichen Täterrechtfertigung einsetzten würde, dass sie eben doch selber daran Schuld seien.
Und dieser Eindruck rührt eben vor allem daher, weil die Frauen alle NULL Substanz haben und man entsprechend auch keinerlei Einblick in ihre Motivation bekommt. So lässt sich halt auch nie so wirklich nachvollziehen, weshalb Marty Frauen so magisch anzuziehen scheint, und weil wir wissen, was für ein Arschloch er ist, tendiert man bei den Mädels wirklich dazu, zu denken: Selber schuld!
Die Frauen in der Serie haben bisher nur eine einzige Motivation gezeigt, sich nämlich mit großer Begeisterung (und vorallem immer auf deren Initiative hin) durchvögeln zu lassen [...] alle ganz heiß darauf es sich mal ordentlich besorgen zu lassen.
Frage: Hattest du den Eindruck, dass Maggie den Sex mit Rust "genossen" hat? Viele scheinen ja ihr "Gestöhne" als ultra-schnellen Orgasmus interpretiert zu haben, während ich da (zumindest beim ersten Sehen) eher unangenehme Vergewaltigungsassoziationen hatte. Ich hatte das Gefühl, dass Rust Maggies Absichten sofort durschaut hat und sie entsprechend sehr viel härter rangenommen hat, als sie es wollte, um sie gewissermaßen zu "bestrafen"...
Das schreit für mich einfach so sehr nach männlicher Wunschvorstellung, die aber aufgrund des ultraernsten Settings auch noch als total realistisch dargestellt wird.
Hattest du den
Artikel von Tom Hawking gelesen? Der meint ja, dass die Story wirklich nur aus der Perspektive der beiden Männer erzählt wird und entsprechend gefärbt ist, was den Eindruck der reinen Wunschvorstellung erklären würde. Ich hab an der Theorie aber so meine Zweifel, weil ich bislang das Gefühl hatte, dass Rust und Marty im Gespräch mit den Cops zwar unzuverlässige Erzähler sind, wir als Zuschauer aber immer die Bilder gesehen haben, die auch wirklich der Realität entsprechen.
Auch dass Maggies einziger weg aus ihrer Ehe der ist, Marty mit Rust zu betrügen ist für mich völlig uschlüssig.
Das war für mich auch ne völlig dämliche Aktion, die Maggies Funktion als reines Plot-Device zementiert hat, weil ihre Rolle damit (wie du schon sagtest) im Grunde völlig darauf reduziert wird, die beiden Männer auseinanderzubringen. Ich hab in der Szene auch wirklich bloß "Sie wird doch hoffentlich nicht..." vor mich hingemurmelt, bis sie ihn tatsächlich küsst und ich bloß noch genervt stöhnend mit dem Kopf schütteln konnte.
Geht man da mal ganz großzügig heran, dann soll es vielleicht wirklich rüberbringen, dass die Männer in einer völlig einseitigen Weltssicht gefangen sind, in der die Frauen wirklich nur Opfer sind [...] Diese Beschränktheit führt zum eigenen Verfall dieser Männer, aber transportiert diese Serie das wirklich? Ist es nicht eher ein Bild, in der die Frauen es nicht anders verdient haben, wo sie doch so gemein sind und ihre armen Männer ständig zum Tampon-Kaufen schicken?
Ich glaube mittlerweile ja wirklich, dass die Serie keine Misogynie propagieren will, sondern dieses auffallend eindimensionale Frauenbild in der Serie vielmehr bewusst geschaffen wurde und auch einem Zweck dienen soll, ich hab bislang bloß keinerlei Ahnung welchem. Denn es kommt für mich einfach überhaupt (noch?) nicht rüber, was uns die Serie damit (Neues) sagen will. Ich meine, dass Männer Arschlöcher sind, weil sie Frauen wie Dreck behandeln, kann doch wohl nicht alles sein? Das gab's doch schon in zig anderen Formaten, die auch die andere Seite der Medaille zu beleuchten wussten und entsprechend ein sehr viel komplexeres und interessanteres Bild dahingehend gezeichnet haben.
Wobei ich dazusagen muss, dass mein Problem mit "True Detective" auch sehr viel damit zu tun hat, dass dieses Genre, in dem toughe Männer nach Vergewaltigern und Frauen- und/oder Kindermördern jagen, für mich einfach schon furchtbar alt und ausgelutscht ist. Ich kann's und will's einfach nicht mehr sehen, weil ich mir auch sicher bin, dass die Dauerverbreitung solcher Stories maßgeblich dazu beiträgt, dass man sich als Frau nie sicher fühlt, wenn man nachts irgendwo allein unterwegs ist. Mir geht's da so ein bisschen wie Mandy Patinkin, der ja aus "Criminal Minds" ausgestiegen ist, weil er mit der permanenten Gewalt gegen Frauen in der Serie irgendwann einfach nicht mehr klargekommen ist. Aus demselben Grund fand ich auch "The Fall", "Hannibal" und "Top of the Lake" zum Teil echt schwer anzusehen, aber da wurde inhaltlich zumindest ein völlig anderer und daher auch interessanter Ansatz gewählt, der dem Ganzen eine Daseinsberechtigung gegeben hat. "True Detective" beschreitet für mich hingegen lediglich in stilistischer Hinsicht neue Wege, während die Story an sich (und eben die Zeichung der Nebencharaktere) furchtbar klischeebeladen bleibt. Entsprechend frag ich mich auch schon seit längerem, gerade weil der Fokus so sehr auf Rust und Marty liegt, ob man ihre Geschichte nicht auch in einem völlig anderen Rahmen hätte erzählen können...
Die Machart ist definitiv ansprechend, sonst wäre ich wohl auch schon lange raus, aber es fehlt doch für mich einiges.
Mit einem guten Ende, was thematisch die Geschichte gut zum Abschluss bringt, kann man da sicher noch einiges rausholen. Aber due ganz große Liebe wird es bei mir und TD wohl nicht mehr werden.
Dito.
ETA:
manila hat geschrieben:Die Louisiana State Police in den 90ern war ganz sicher so eine Männerwelt. Die Südstaaten sind und bleiben ein Ort, wo diese Männerwelt wirklich existiert und problemlos inszeniert werden kann - das hat bis zu einem gewissen Grad natürlich auch viel mit Klischees zu tun, aber das Frauenbild ist sicherlich immernoch von diesem Stereotyp der Southern Belle geprägt (leider). Das schlägt sich dann in diesen stereotypischen Frauenrollen nieder.
Klar geht's hier um eine Männerwelt, aber das ist in Serien wie "Mad Men", "The Wire" oder auch "Deadwood" im Prinzip genauso. In denen gibt's aber auch eine handvoll Frauenfiguren, die nicht bloß als Statisten oder Plot-Device dienen, sondern vielmehr durch ihre völlig andere Perspektive, die sie mitbringen, zu einem wesentlich vielschichtigeren Portrait dieser Männerwelt beitragen.