Na dann tippe ich mal in Rekordtempo ein nicht ganz so spontanes Fazit ...
Viel ist schon über diese Staffel geschrieben worden, was wohl auch eindeutig bedeuten muss, dass sie so ganz schlecht nicht gewesen sein kann
Dennoch ist es nicht einfach ein positives Fazit zu ziehen, da die letzten Eindrücke ungeachtet der wirklich sehr, sehr guten ersten Folgen doch dominieren.
Meine Zusammenfassung in 10 Punkten:
(1) Die Staffel allgemein
Irgendwie waren es eher 3 Teile als eine Einheit:
3.01 - 3.09 war die Geschichte des Findens von A&E und damit das romantische Highlight, im Rückblick als Gesamtpaket einfach superschön (vor allem viel schöner als erwartet)
3.10 - 3.16 zeigte fast ebenso genial eine Story um Wahrheit & Lüge / Die Wahrheit sagen oder verschweigen, wo alle Einzelteile perfekt passten und wo die vielfältigen Positionen hier im Forum nur unterstrichen, wie tiefgründig die Autoren hier noch waren; sehr schön war, dass die in der Serie gegebenen Antworten aus meiner Sicht eher in der Mitte lagen (also kein einfaches "Wahrheit um jeden Preis")
3.17 war der Übergang zwischen Teil 2 und 3, konsequent aufgebaut mit einem Ende, dass eine konstruktive Fortsetzung möglich gemacht hätte
3.18 - 3.21 griff diese Chance nicht auf, was folgte war die komplette Zerstörung, wobei die Autoren leider vergessen hatten, die Notbremse rechtzeitig (d.h. vor 3.22) zu ziehen; diese Folgen haben den Super-Gesamteindruck der 3. Staffel aus meiner Sicht zerstört, da sie mehr wütend als traurig machten und das ist das bestimmt nichts Positives ...
(2) Lieblingsfolgen habe ich drei:
3.09 waren mit die besten 48 Minuten TV, die ich je gesehen habe (nicht nur weil E&A ungeachtet aller Problemchen so viel Romantik ausstrahlten, sondern weil einfach alles in der Folge passte - bis zu den Reaktionen der Eltern und die Übertragung von Hannahs "Mr. Right-Philosophie" auf Amy)
3.17 beeindruckte mit der fast militärischen Perfektion mit der das "Leben des Ephram" förmlich auseinandergenommen wurde (und weil hier die Lage noch zu retten war)
3.15 weil hier so perfekt dargestellt wurde, wie weit A&E in der vielleicht traurigsten (aber immer absolut realistisch bleibend) aller Folgen mit ihrer Beziehung gekommen waren
(3) Lieblingsszenen fallen mir neben den genannten Folgen noch drei ein:
- das Telefonat zwischen A&E als er ihr aus New York erzählte, dass er Madison getroffen habe und sich für den nächsten Tag mit ihr verabredet hatte, worauf Amy sich nur sorgte, ob Madison vom Vorspielen wisse
- Brights Ohrfeige als überfällige Therapie, die ihre Wirkung zum Glück nicht verfehlt hat
- A&E beim Überreichen der Kette und dem nachfolgenden Dialog ("You feel threatened!")
(4) Amy
... repräsentiert für mich derzeit am deutlichsten die Sachen, die ich an Everwood mag; hat die ganze Staffel irgendwie alles richtig gemacht und doch irgendwie alles verloren, was sie sich wünschte
*Lach* Erinnert mich an zwei grundfalsche Staffel 2-Zitate, einmal an Tommy`s Abschlussworte vom Nicht-mehr-"Miss Perfect"-Sein-Können und Amys eigene Aussage, dass Ephram ein viel besserer Mensch sei als sie
(5) Harold
... war neben Amy die einzige durchgängig positive Figur der Staffel, sehr schöne Szenen und nur selten so daneben wie manchmal in Staffel 2; für viele der witzigen Szenen verantwortlich; hätte bloß einmal den Mund halten sollen
(6) Ephram
... allgemein war seine Entwicklung über fast 3 Staffeln bis 3.16 sehr schön, vom verlorenen New Yorker Jungen, der ans Ende der Welt verschleppt wurde und seinen Vater hasste aus 1.01 bis zum zielgerichteten 17-jährigen mit stabiler Beziehung zu seiner Familie / Freundin
... musste an der Aufgabe um Madisons Schwangerschaft scheitern, hat sich dabei nicht gerade brilliant verhalten; es erscheint aber absolut übertrieben, den Ephram aus 3.15 und 3.16 so abstürzen zu lassen
Ironischerweise wurde mir erst wieder klar, dass er der wichtigste Charakter dieser Serie ist, als er die letzten Folgen so "patzte" bzw. gar nicht mehr zu sehen war
(7) Andy
Schwieriger Fall, eigentlich auch eine sehr schöne Staffel, wäre da nicht die Sache mit Madison; konnte ich ihn beim Verschweigen der Vaterschaft vielleicht noch verstehen, fehlt mir jegliches Verständnis dafür, dass er in New York nicht alles getan hat, um zu verhindern, dass Ephrams Vorspielen in Gefahr gerät
Sonst gehören sein zielsicheres Treten in selbst kleinste Fettnäpfchen und sein bedingungsloser Einsatz für seine Patienten zu den besten Momenten dieser Serie
(8) Der Rest
Brights nun hoffentlich überwundene Perspektivlosigkeit war einer der Minuspunkte der Staffel, nur schade, dass inzwischen nicht nur er sondern auch A&E nicht regulär am College gelandet sind
Hannah mag ich als Figur, obwohl ich die Story um ihren Vater eher etwas zu extrem finde, ein großes Plus, wenn sie aus Bright einen vernünftigen Menschen machen sollte
An Jake kann man sich ja fast gewöhnen, trotzdem hätte ich lieber mehr von Edna / Irv gesehen als von ihm ...
Madison habe ich in Staffel 2 "gehasst" und weiss erst jetzt so richtig warum eigentlich
Leider keine einleutenden und abschließenden Kommentare mehr
Können wir bitte den alten Vorspann zurückhaben
(9) Hoffnungen an die Zukunft
Liebe Autoren, lasst Euch etwas einfallen, wie ihr mir die Folgen 3.18 - 3.21 sinnvoll erscheinen laesst. Konsistenz der Story war mit kleinen Ausnahmen
das Qualitätsmerkmal von "Everwood 1.01 - 3.17", danach habt ihr die Dramaturgie über die Story siegen lassen, was ich wirklich nie wieder sehen möchte.
Ich möchte außerdem viel mehr Gerechtigkeit und etwas mehr Optimismus in der Serie. Drama hin oder her, man sollte nicht übertreiben, wenn es der Handlung insgesamt nicht mehr nützt, sondern einfach nur noch schadet.
Insbesondere gilt dies für E&A, bitte ein schneller Neuanfang und dann einfach ganz viel Glück und nur lösbare Konflikte! Sie sind definitiv der Kern dieser Serie, wenn ihre Story (z.B. mit konstruierten Trennungen der gemeinen Art) irgendwann zu Ende ist, fällt mir nichts ein, was die Serie vor dem totalen Absinken in die Depression retten sollte ...
Weiterhin würde ich mir für Bright, Amy und Ephram wünschen, dass sie wieder eine klare Perspektive für ihr Leben finden.
(10) Was ich die Autoren gerne vergessen lassen würde
... die Existenz von Madison
... die Worte von Ephram zu Amy bei der Trennung
Glauben mag ich es allerdings nicht oder gab es außer der Tatsache, dass Amy nie erfahren hat, dass Colin sich vor dem Unfall von ihr trennen wollte, irgendein Detail, das jemals "vergessen" wurde !?
Insofern fällt es mir etwas schwer an meinen vorletzten Punkt zu glauben, auch wenn ich mich gerne vom Gegenteil überzeugen lasse ...
